Feedback aus der Praxis: Stadtplanung in Graz
Am 9. Mai war ein Teil des Projektteams zu Besuch bei der Stadt Graz, um die Methode und die Projektergebnisse aus Smart City Mikroquartiere vorzustellen. Aus dem mehrstündigen Workshop nehmen wir wertvolles Feedback für die Verfeinerung der Methode und die Anwendung in der Praxis mit.
Generell wurde großes Interesse am Projekt gezeigt und der methodische Ansatz als überzeugend empfunden. Der Komplexität stadtplanerischer Herausforderungen mit Abstraktion und Priorisierung zu begegnen, wird als vielversprechend angesehen. Im Vergleich zu einer detaillierten Potenzialanalyse kann der Zeit- und Kostenaufwand beträchtlich verringert werden.
Eine Anwendung in Pilotprojekten, möglichst in Arealen mit verschiedenen Ausgangsbedingungen, würde sich lohnen. Hier ist vor allem der Vergleich der Forcierung einer Innenentwicklung vs. peripherer Entwicklung interessant. Auf die Bewertung des Areals sowie verschiedener Optimierungsvarianten mit dem Indikatorensystem folgt eine Diskussion der städtebaulichen Folgen wie Qualität des öffentlichen Raums, Lärm, Belichtung und öffentliche Verkehrsanbindung. Die Methode hilft, bestehende Defizite von Arealen zu beheben oder auszugleichen – das Wissen um die Qualitäten und Defizite ist bei den Stadtplanungen vorhanden. In scheinbar hoch entwickelten Arealen könnten noch weitere Potenziale für Lebensqualität aufgezeigt werden.
Auf besonderes Interesse stießen die Analysen zum Mobilitätsverhalten der ArealsbewohnerInnen, die auf einer agentenbasierten Simulation durch das Umweltbundesamt beruhen. Für das Testareal in Linz wurden verschiedene Szenarien untersucht und Maßnahmenbündel gebildet, die auf folgende Themen abzielen:
- MB 01 Stellplatzregelung: Parkraumkontingentierung und Car Sharing
- MB 02 Durchlässigkeit aktive Mobilität: Querungen für Radfahrer/Fußgänger durch Mikroquartiere
- MB 03 Nutzungsdurchmischung: Stadt der kurzen Wege (Ziele näher bei Stadtareal)
- MB 04 Qualität des öffentlichen Raumes: Optimierung Rad-/Fußgängerinfrastruktur, Shared Space
- MB 05 Hochqualitative ÖPNV-Verbindung: Taktverdichtung, Attraktivierung
In der folgenden Tabelle werden die Veränderungen durch die Maßnahmenbündel zwischen einem Referenz- und einem Ideal-Szenario (Umsetzung aller Maßnahmenbündel) dargestellt:
Tabelle: Wirkung der Maßnahmenbündel auf den Modal Split, Quelle: Wolfgang Schieder, Umweltbundesamt GmbH
Die Nutzungsdurchmischung (MB 03) ist demnach die größte Stellschraube, um die Anzahl der Personenkilometer insgesamt zu reduzieren. Für die Reduktion des motorisierten Individualverkehrs ist neben der Stellplatzregelung auch die Qualität des öffentlichen Raumes entscheidend. Bei den Effekten des Maßnahmenbündels 05 ist zu beachten, dass das untersuchte Testareal in Linz bereits sehr gut öffentlich angebunden ist.
Diese Ergebnisse sind insofern bedeutsam, weil bei einer Innenentwicklung eines Quartiers das Thema Verkehr zumeist die größte Herausforderung darstellt.
Ganz allgemein gilt: Jede Intervention im Bestand führt zu Stress. Stadtplanungen stoßen bei der Umsetzung von Quartiersentwicklungen auf Hemmnisse, z.B. durch Regulatorien und Eigentumsverhältnisse, und es bedarf oft eines konkreten Anlassfalls, um in einem Areal etwas zu verändern. Die Methode aus Smart City Mikroquartiere kann eine gute Unterstützung sein, um die Effekte und Potenziale zu kommunizieren.
Veronika Huemer-Kals, IBO